Frankforder Küch‘
Zugegeben, Frankfurt fällt einem nicht als Erstes ein, wenn man an Deutsche Genussregionen denkt. Aber wie immer lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen. Neben der großartigen internationalen Küche haben sich die traditionellen Gerichte behauptet. In urigen Gasthäusern leben die herkömmlichen Speisen weiter, völlig unbeeindruckt von dem Wandel der Stadt zur Metropole. Die Kombination aus modern/international und althergebracht hat was und wird im Alltag tatsächlich gelebt. So richtig klar geworden ist mir das, als wir im Atschel saßen und mit angehört haben, wie ein hessisch babbelndes Pärchen versucht hat, zwei englisch sprechenden Anzugträgern zu erklären, was ein Bembel ist. Wir mussten uns das Lachen verkneifen, waren aber gleichzeitig ganz gerührt und haben beschlossen, Frankfurt muss eine eigene Genussregion in der Deutschlandreise werden!
Frankfurter Grie Soß`
Die sieben Kräuter der Frankfurter Grie Soß` sind in Stein gemeißelt – Borretsch, Kerbel, Schnittlauch, Kresse, Sauerampfer, Pimpinelle und Petersilie (kurz BKSKSPP) müssen es sein, aber das ist auch alles, was feststeht. Weder der Ursprung (Römer oder Hugenotten), noch die genauen Anteile der einzelnen Kräuter oder die anderen Bestandteile sind eindeutig geklärt.
Man könnte sagen, es gibt so viele Rezepte, wie Einwohner.
Die Grie Soß ist nicht nur regional, sondern auch saisonal begrenzt: frische Kräuter gibt es schließlich nur im Frühling und Sommer. Würde es sie nicht schon geben, man würde die Zusammensetzung heute sicher um ein exotisches Superfood ergänzen und unter dem Namen Frühjahrs- oder Detox-Kur vermarkten!
Bis heute werden die Kräuter in der fruchtbaren Mainaue in Oberrad angebaut. Bei unserem Besuch dort Anfang März gab es natürlich noch keine – alles winterlich grau-braun. Mächtig erstaunt waren wir, im Hintergrund fast zum Greifen nah, die Frankfurter Skyline zu sehen – unter “Gärtnerdorf am Main” hatten wir uns etwas anderes vorgestellt. Tatsächlich wird das fruchtbare Schwemmland am Main seit dem 17. Jahrhundert zur Versorgung der Stadt genutzt, erst zum Wein-, dann Gemüseanbau. Die Gewächshäuser ermöglichen die frühe Anzucht der Kräuter, schließlich will der Frankfurter bereits zu Ostern seine Grie Soß’ servieren!
Äbbelwoi (hier liebevoll “Stöffche” genannt)
Geht man in Frankfurt in einen Hofladen, so findet man neben den üblichen Produkten auch eine Apfelwein-Tankstelle – eine tolle Sache! Äbbelwoi gehört hier zu den Grundnahrungsmitteln. Die Obstbauern keltern selbst, auch traditionelle Äbbelwoi-Wirtschaften haben oft eine eigene Kelterei angeschlossen. Diese “Hausmarke” Weine sind wegen fehlender Süße oft gewöhnungsbedürftig für Touristen und “Eingeplackte” (erst kürzlich Zugezogene), aber da muss man durch.
Was bei Äbbelwoi alles geht, zeigt die Kelterei Stier. Jörg hat uns bei unserem Besuch nicht nur probieren lassen, sondern auch die verschiedenen Ausbauarten erklärt, die Videos sind hier zu sehen. Die Fülle und Darbietung der Informationen in Kombination mit den Probiergläsern war ein Ausflug ins Apfelwein-Paradies! Allerdings waren wir danach leider nicht mehr in der Lage, eine Entscheidung zu treffen (die videos findet ihr hier). Das Ergebnis ist eine eigene Apfelweinkarte – wir haben einfach von (fast) allem etwas mitgenommen und lassen euch an der Auswahl teilhaben!
Falls jemand trotzdem lieber ein Bier trinken möchte: die Brauerei Hannes ist ein Familienbetrieb in Frankfurt Fechenheim, wir haben auch von dort was mitgebracht