Warum man Heidschnucken nicht nur fotografieren sollte
Wer uns schon länger kennt, kann sich vielleicht noch an den Besuch vom Schnuckenhof Niederohe erinnern – Carl und Ute Kuhlmann und Bettina Bouma sind in die Deutschlandreise gekommen um aus ihrem Alltag zu erzählen. Ein paar Monate später haben wir in Kooperation mit „Marketing Cafe“ Carl und seine Herde einen Tag lang begleitet – Abmarsch war 6.30 ab Hof Niederohe. Ein unvergessliches Erlebnis!
Carl geht vorweg, hinter ihm ca. 1000 Schnucken, immer mit gebührendem Abstand. Die Hunde umkreisen die Herde, arbeiten teils in Eigenregie, teils dirigiert von Carl.
Erst muss ein Stück Wegstrecke zurückgelegt werden, das wissen auch die Schnucken. Im Prinzip jedenfalls. Tatsächlich wollen sie lieber direkt fressen und nutzen jeder kleine Chance ein paar Halme zu ergattern. Kaum bleibt Carl an einem Wacholderbaum stehen und lässt mich eine Beere probieren, senken sich die Schafsmäuler in die Heide. Überhaupt ist es unglaublich schwer, eine Heidschnucke mit Kopf zu fotografieren – sobald die Herde steht, sieht man nur noch Fell, alle Köpfe suchen den Boden nach Leckerbissen ab.
Ohne Schnucken keine Heide
Später, als die Herde eine Weile in Ruhe grasen darf, stützt sich Carl auf seinen Hirtenstab (den hat er wirklich immer dabei) und erzählt von der Symbiose zwischen Schnucken und Heidelandschaft.
Die Region zwischen Aller und Elbe wurde im 15. Jahrhundert massiv entwaldet – das Holz wurde für den Ausbau der Saline in Lüneburg benötigt und Wiederaufforstung war damals noch kein Begriff. Auf den Flächen breitete sich mehr und mehr die heimische Besenheide aus – auf den kargen Böden wuchs kaum etwas anderes und künstlicher Dünger war noch nicht erfunden.
schnucken=naschen
Heidschnucken sind eine kleinwüchsige Schafrasse und fressen am liebsten die oben erwähnte Besenheide. Dabei knabbern sie die Pflanzen nur an, was bewirkt, dass sie nicht verholzen sondern umso kräftiger wieder nachtreiben. Die großflächige Ausbreitung der Heide ermöglichte es den Bauern, große Schnuckenherden zu halten und das karge Einkommen durch Fleisch- und Wollverkauf aufzubessern. Die Herde läuft täglich mehrere Kilometer und “schnuckt” sich durch die Heide – und zwar ganzjährig, nicht nur im September wenn alles lila blüht und Touristen die Kameras zücken.
Nur Wacholder bleibt verschont – harte Zweige und spitze Nadeln sorgen dafür, das selbst die Schnucken ihn verschmähen. So kommt es, dass einzelne Wacholderbäume die Landschaft schmücken und charakteristisch für die Lüneburger Heide wurden. Übrigens, die Küche dankt – was täten wir ohne Wacholder?
Die Wolle der Tiere war lange eine wichtige Geldquelle für die Heidjer – Mitte des 19. Jahrhunderts wurden noch 200 000 Zentner Wolle gehandelt. Die Billig-Importe aus Australien haben diesen Markt zum Erliegen gebracht, was noch geht, ist das Schnuckenfleisch. Heidschnuckenfleisch ist eine Delikatesse, geschmacklich einzigartig. Die Kombination von kargem Futter und viel Bewegung macht das Fleisch ausgesprochen fettarm. Es ist dunkel und schmeckt eher nach Wild als nach Schaf. Trotzdem ist die Vermarktung schwierig: der Fleischertrag ist mager und nicht ganzjährig verfügbar, Liefermengen können nicht garantiert werden.
Ohne den Einsatz von Schäfern wie den Kuhlmanns wären auch die letzten Heidschnuckenherden inzwischen verschwunden. Schützt die Heidschnucken indem Ihr sie esst oder die Wolle nutzt – der Schäfer lebt vom Ertrag!
Heidekartoffeln…
…an sich spielen schon in der obersten Liga. Wenn sie dann auch noch bunt und bio sind, will man nie wieder etwas anderes essen.
Die Kartoffelvielfalt in Barum hat uns gezeigt, was auf dem Gebiet alles möglich ist. Hier ist der Name Programm – es geht um den Erhalt der alten Sorten, aber auch um nachhaltige Neuzüchtungen, eben Kartoffelvielfalt. So unterschiedlich wie sie aussehen, schmecken und verhalten sie sich auch: jede Sorte entfaltet ihr volles Aroma – wenn man sie richtig einsetzt.
Den Blogartikel aus 2019 mit noch mehr Einzelheiten finden Sie hier, das Video aus der Lüneburger Heide in Kooperation mit “Marketing Cafe” finden Sie hier