Saarland
E bissje besser, aber dafür ach e bissje mehr……
Gelesen habe ich diesen Ausspruch während der Recherche, wirklich verstanden erst als ich im Saar. Was auch als ewiges Nörglertum interpretiert werden könnte, ist tatsächlich eine Lebenseinstellung und versucht, den Widerspruch zwischen hartem Bergmannsleben und französischer Raffinesse aufzulösen.
Beides ist absolut greifbar, auch heute noch. So fährt man auf dem Weg nach Saarbrücken gefühlt quer durch die Völklinger Hütte, riesige Fördertürme und Industrie in Reinform, kilometerlang. Kaum erreicht man die Stadtgrenze, ist ein Hauch von Frankreich zu spüren – edle Geschäfte, Restaurants mit französischen Namen und Speisekarten – eine Hommage an den nur 30 km entfernten Nachbarn
“Saarvoir vivre” oder “der genusssüchtige Saarländer”
Einerseits musste die Ernährung wirklich nahrhaft sein, schließlich brauchten die Bergleute Kalorien bei der Arbeit unter Tage, andererseits war man zu lange ein Teil von Frankreich, um nur satt werden zu wollen – aus “savoir vivre” wurde “Saarvoir vivre”, der genießende Saarländer.
Dass im Grenzland die Währung über längere Zeiträume nicht sehr stabil war und man eher ausgab als sparte, tat sicher ein Übriges.
Bergbau und traditionelle Küche
Auch wenn es schon in keltischer Zeit Bergbau im Saarland gab, gross wurde er erst mit Beginn der Industrialisierung um 1850 herum. Die verarmten Bauern aus Pfalz und Hunsrück zogen in großer Zahl auf Arbeitssuche in die Nähe der Gruben und bildeten dort “Kolonien”. Dieser Begriff existiert bis heute und bezeichnet Siedlungen von roten Backsteinhäusern, die die Bergleute damals günstig erwerben konnten. Auf dem zugehörigen Stück Land wurden Kartoffeln angebaut, bis heute das Hauptnahrungsmittel im Saarland, und Ziegen und Schweine gehalten. Im Umland gab es viele Streuobstwiesen – im 18. Jahrhundert hatte Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken verfügt, dass jeder Bürger jährlich zwei Obstbäume pflanzen musste.
Aus diesen Gegebenheiten entstand die Saarländischen Küche – eine Unzahl an Kartoffelgerichten gepaart mit Schweinefleisch, dazu der französische Einschlag und Apfelwein (Viez).
Der Lyoner
Eine Saarländische Metzgerei muss sich an “ihm” messen lassen – dem Lyoner. Was für Nicht-Saarländer aussieht wie ein Fleischwurst-Ring, ist für den Saarländer Identitätsstiftend, gleichzusetzen mit der Münchner Weisswurst oder dem Thüringer Roster.
Kein Fest ohne Lyoner, egal ob unter Nachbarn, Kollegen oder eine offizielle Veranstaltung, die Wurst ist dabei. Der Ursprung ist unschwer zu erkennen (dort heißt sie übrigens Cervelas ), hergestellt wird die Brühwurst aus magerem Rind-und Schweinefleisch, Speck und Gewürzen, leicht geräuchert über Buchenholz. Als “Bergmannsfrühstück” im Brötchen mit Senf, gebraten mit Zwiebeln oder abends gegrillt, Lyoner geht immer – sagen die Saarländer.
Erklären lässt sich diese Vorliebe wohl aus der Geschichte: die sehr eiweißhaltige, aber doch verhältnismäßig preiswerte Wurst war ideal für die hart arbeitenden Bergleute. Wir haben uns für Metzgerei Petermann entschieden – der Herkunftsnachweis des Fleisches (ausschließlich regionale Betriebe aus dem Bliesgau) und natürlich der Geschmack haben uns überzeugt!
Viez aus dem Saarland
Hier lässt sich vom Namen nur auf Umwegen auf das Produkt schließen: “vice vinum” (anstatt Wein) – die arme Landbevölkerung konnte sich Wein aus Weintrauben nicht leisten und trank stattdessen Apfelwein, denn Obstwiesen gab es im Saargau reichlich. Traditionell ist der Viez durchgegoren mit einem Alkoholgehalt von ca. 5 bis 7 Prozent, also eher süffig. Wir haben uns für den Familienbetrieb Väth in Losheim entschieden, dazu gibt es auch ein video
Saarwein
Saarwein gibt es streng genommen gar nicht, denn die Weinlagen des Saarlandes gehören zum Anbaugebiet Mosel. Die meisten Winzer sind in der Gemeinde Perl an der Obermosel beheimatet und bauen neben Elbling und weißen Burgundersorten auch den Auxerrois an. Auxerrois ist eine eigenständige weiße Rebsorte, die aus einer natürlichen Kreuzung von Pinot und Weißem Heunisch hervorging. Trotz ihres eindrucksvollen Geschmackes ist sie nicht besonders verbreitet in der Weinwelt, aber hier hat sie die perfekten Bedingungen gefunden. Wir haben Weingut Karl Petgen besucht und Wein mitgebracht!