Südliche Pfalz
Viehscheid
Das Weinanbaugebiet ist nur wenige Kilometer breit und schlängelt sich entlang des Pfälzer Waldes, die Straßenschilder tragen die Namen berühmter Weinlagen: Rhodt unter Rietburg, Maikammer, Neustadt. Weindörfer wie im Bilderbuch, historische Fachwerkhäuser in kleinen Gassen, rebengeschmückte Straussenwirtschaften. So pittoresk, man glaubt gar nicht, dass man sich im zweitgrößten Weinanbaugebiet Deutschlands befindet.
Nächstes Mal dann. Dieses Mal konzentrieren wir uns auf die kulinarischen Spezialitäten, allen voran die Coburger Bratwurst. Die ist den Coburgern so wichtig, dass ganzjährig ein Bratwurststand auf dem Marktplatz steht – die Grundversorgung muss halt gesichert sein!
Coburger Bratwurst
Was macht sie so besonders? Metzgermeister Bernd Meinhardt erklärt es uns vor Ort:
zum einen ist es die Zubereitungsart – in Coburg und Umgebung werden die Bratwürste traditionell auf einem Rostgrill über dem Feuer von Kiefernzapfen gebraten, das gibt den charakteristischen Geschmack. Hier geht es zum video
Um ein einheitliches Längenmaß festzulegen, bedienten sich die Coburger ihres Stadtpatrons. St. Mauritius steht auf dem Giebel des Rathauses und reckt seinen Marschallstab empor – genauso lang, nämlich 31 cm, muss jede Wurst sein, die den Namen “Coburger Bratwurst” führen darf.
Dass er bis heute liebevoll “Bratwurstmännle” genannt wird, würde den ehemaligen römischen General Mauritius wohl kaum erfreuen……
“Da ist wohl etwas schiefgelaufen“, denkt jeder, der einen Coburger Rutscher serviert bekommt und Klöße bisher nur als Tennisbälle kannte.
Coburger Rutscher
Tatsächlich zerfließt der Rutscher förmlich auf dem Teller und bildet allenfalls eine Halbkugel. Das Mischverhältnis von gekochten zu rohen Kartoffeln macht den Unterschied – wir haben uns das in der Klößerei Lindenhof von Hannes Muff erklären lassen. Die Teigherstellung überlassen wir den Profis und beziehen für die Coburger Wochen den Kloßteig vom Lindenhof. Hier geht es zum video.
Coburger Schmätzchen
Die Schmätzchen haben eine besondere Geschichte: Als der Bäckermeister Wilhelm Feyler sich nach seinen Lehr- und Wanderjahren selbständig gemacht hat, wollte er sich von der Konkurenz abheben. Er veredelte ein einfaches Sirupplätzchen, das er auf seinen Reisen unter dem Namen “Schmätzchen” kennengelernt hatte, mit Honig, Mandeln und Zitrusgewürzen. Marketingtechnisch ein Geniestreich – er wurde Hoflieferant, durfte an diversen Weltausstellungen teilnehmen und ist bis heute der alleinige Hersteller der Coburger Schmätzchen.
Keschde = Esskastanien
Von den Römern mit dem Wein in die Pfalz gebracht, steuern die „Keschde“ zur kulinarischen Vielfalt bei und prägen die Waldstruktur der südlichen Pfalz. Oktober ist Erntezeit, man sieht die Sammler mit großen Taschen aus dem Wald kommen, in den Familien wird jetzt um die Wette geröstet und gepuhlt. Die Zeit zwischen den Weinfesten im September bis zum Weihnachtsmarkt kann recht lang werden, viele lange Herbstabende liegen dazwischen. Die Pfälzer haben die Lösung: es wird im Oktober noch das „Keschdefest“ eingeschoben – traditionell werden die recht trockenen Esskastanien mit Pfälzer Wein heruntergespült.
Pfälzer Wein
Den Stellenwert, den die Pfälzer ihrem Wein beimessen, lässt sich unschwer am Schoppenglas erkennen: „Dubbeglas“ genannt, beheimatet es einen halben Liter! Wein oder Weinschorle. Da der Pfälzer in der Regel eine deftige Vesperplatte dazu verzehrt und nicht zimperlich ist, hat das Glas praktischerweise Dellen (Dubben), damit die eventuell fettigen Finger nicht abrutschen.
Bei der Weinauswahl hat man die Qual der Wahl. Klar, probieren hilft, allerdings gelingt das mangels Fassungsvermögen nur stichprobenhaft. Auserkoren habe ich den kleinen Ort Forst, der einige der besten Lagen an der Weinstrasse (Forster Ungeheuer, Forster Pechstein) hat und über eine vielseitige Bodenbeschaffenheit verfügt. Da wir generell kleine, handwerklich arbeitende Betriebe den großen renommierten vorziehen, bin ich beim Weingut Lindenhof der Familie Spindler gelandet, probieren Sie selbst!
Wer uns schon länger kennt, mag sich erinnern, wir waren schonmal in der Pfalz: hier geht es zu meinem Reisebericht aus 2018, als ich Winzer Heußler im Rosswingert getroffen habe